Parlamentswahlen in Ungarn

Die Jörg Haider Gesellschaft ist auch Plattform politischer Bildung.
Im folgenden Text wird das zweistufige Wahlsystem für die Wahlen zum Parlament in unserem Nachbarland Ungarn vorgestellt.
(Der Autor, David Bencsik ist Jurist und hat in Ungarn und Deutschland promoviert.)


PARLAMENTSWAHLEN IN UNGARN

Die Verfassung der Ungarischen Republik erklärt, dass die Ungarische Republik ein suveräner, demokratischer Rechtsstaat ist, in dem alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, das die Volkssuverenität über ihre gewählten Vertreter, sowie unmittelbar ausübt.
Die Verfassung verfügt auch über den Zeitpunkt der Parlamentswahlen: die allgemeine Wahl der Parlamentsabgeordneten wird im April oder Mai des vierten Jahres nach den letzten Parlamentswahlen abgehalten. Den konkreten Zeitpunkt der Wahl bestimmt der Präsident der Republik.
Das im Jahre 1989 geschaffene Gesetz über die Wahl der Parlamentsabgeordneten (im weiteren Vjt.) hat in Ungarn ein gemischtes Wahlsystem eingeführt, das aus zwei Runden besteht, und die Elemente des Einzelwahlkreis-, sowie Listensystems mischt.
Das ungarische Parlament hat 386 Abgeordnete, von denen werden 176 in Einzelwahlkreisen, 152 auf Bezirkslisten, 58 auf der Landesliste gewählt.
Demnach hat das ungarische Wahlsystem folgenden Aufbau:
· 176 Einzelwahlkreise: das Land ist in 176 Einzelwahlkreise geteilt, aus jedem Wahlkreis kommt ein Abgeordnete ins Parlament.
· 20 Bezirkswahlkreise: das Gesetz nennt 20 Bezirkswahlkreise, die die 19 Komitate sowie die Hauptstadt beinhalten. In diesen Wahlkreisen werden Listenwahlen abgehalten. Von den Listen werden maximal 152 Mandate verteilt.
· Landes- (Kompensations-) Liste: In dieser Liste werden mindestens 58 Mandate, auf Grund der Stimmen, abgegeben auf die kein Direktmandat errungenen Einzelkandidate, bzw. auf die kein Direktmandat erreichten Bezirkslisten (beide zusammen: Reststimmen) verteilt.
Die ungarischen Staatsbürger verfügen bei den Parlamentswahlen über zwei Stimmen. Eine Stimme können sie für den Bewerber des Einzelwahlkreises, die andere für die Bezirksliste abgeben. Für die Landesliste kann man nicht stimmen.

Ein wichtiger Bestandteil des Wahlssystems ist die Mandatenschwelle, was bedeutet, dass von den Bezirks- und Landeslisten nur die Parteien Mandate erhalten, die mehr als 5% der auf die Bezirkslisten landesweit abgegebenen, gültigen Stimmen bekommen haben.
Ein wichtiger Filter ist das Kandidatensystem, was ermöglicht, dass nur solche politischen Kräfte ins Parlament kommen, die von der Gesellschaft wirklich unterstützt werden.
Der Wahlvorschlag
1. In den Einzelwahlkreisen müssen alle Wahlkandidaten, sowohl die unabhängigen als auch die Parteikandidaten 750 gültige Empfehlungskarten zusammensammeln.
2. Die Partei, die im einviertel der Einzelwahlkreisen des Bezirkswahlkreises, aber in mindestens zwei Einzelwahlkreisen einen Wahlkandidaten stellen konnte, ist berechtigt eine Bezirksliste aufzustellen.
3. Die Partei, die in sieben Bezirkswahlkreis eine Bezirksliste stellen konnte, ist berechtigt eine Landesliste zu nominieren.
System der Mandatenverteilung
Die Einzelwahlkreise basieren auf dem Prinzip der absoluten Mehrheit, nach dem der Wahlkandidat zum Abgeordneten wird, der mehr als die Hälfte der Stimmen im Wahlkreis bekommen hat. Sollte im Wahlkreis keiner von den Bewerbern mehr als die Hälfte der Stimmen erhalten, kommt es zu einem zweiten Wahlgang. In der zweiten Runde besteht das Gesetz nicht auf absolute Mehrheit, der Bewerber gewinnt, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
In den Bezirkswahlkreisen erhalten die Wahlkandidaten der Parteien im Verhältnis der abgegebenen Stimmen nach der Reihenfolge auf dem Stimmzettel (gebundene Liste) die Mandate. Die Mandate werden nach der Hagenbach-Bischoff Methode verteilt, die Liste kann aber kein Mandat bekommen, die mehr als 5% der im ganzen Land für alle Parteilisten abgegebenen gültigen Gesamtstimmen nicht erreicht hat.
Auf der Landesliste (Kompensationsliste) erhalten die Parteien im Verhältnis ihrer Reststimmen die Mandate. Restmandate sind: in den Einzelwahlkreisen auf die Wahlkandidaten abgegebenen Stimmen, mit denen in keiner Wahlrunde Mandate gewonnen wurden, sowie in den Bezirkswahlkreisen –in der gültigen Wahlrunde– abgegebenen Stimmen, die nicht genügten um ein Mandat zu bekommen, bzw. die die Summe der für ein Mandat benötigten Stimmen übertrafen. Die Mandate werden nach der d’Hondt Methode verteilt, aber auch auf der Landesliste kann die Partei, die die 5% der Parlamentsschwelle nicht erreicht hat kein Mandat erhalten.

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